Konzerte

7. Steffani-Festwoche Hannover

Musikalische Begegnungen

Steffani im Dialog mit anderen Epochen

16.-24. Februar 2024

LA LOTTA D‘HERCOLE

Galerie Herrenhausen

Fr 16.02.2024

18.00 Uhr

Agostino Steffani (1654-1728)

La Lotta d‘Hercole con Acheloo, Divertimento drammatico in einem Akt, komponiert und uraufgeführt 1689 in Hannover

(Steffanis zweite Oper für Hannover)

Alcide – Valer Sabadus | Deianira – Magdalene Harer | Acheloo – Kai Wessel | Eneo – Yosemeh Adjei

MUSICA ALTA RIPA | Leitung: Bernward Lohr

ca. 90 Minuten, keine Pause

Im Anschluss: Roundtable mit Dr. Waltraut Lach, Dr. Benedikt Poensgen, Prof. Bernward Lohr und einem interessierten Publikum

In Zusammenarbeit mit Herrenhausen Barock und der Reihe Barock der NDR-Radiophilharmonie in Hannover

Über Steffanis Oper La Lotta d'Hercole con Acheloo

Im Eröffnungskonzert wird erneut – aber diesmal ohne Coronabeschränkungen – Steffanis zweites Musiktheaterstück für Hannover „La Lotta d’Hercole con Acheloo“ aus dem Jahr 1689 zu erleben sein. Das aus Coronagründen erheblich dezimierte Publikum der Aufführung von 2021 war begeistert von der Lebendigkeit der Musik und der Kraft der Geschichte, so dass es geboten erscheint, diese Oper erneut, wenn auch in veränderter Gesangsbesetzung zu 2021, aufzuführen.

Im Eröffnungskonzert lässt sich erstmalig eine Begegnung Steffanis mit einer anderen als seiner zeitgenössischen Epoche beobachten: nämlich die Auseinandersetzung mit den Mythen der antken Welt, die seit der Renaissance immer wieder die Stoffe für theatralische Werke geliefert haben. Die antiken Tragödien mit ihren archetypisch Menschheitsprobleme thematisierenden Geschichten, der antike Götterhimmel mit den so oft menschlich schwachen, unmoralischen Unsterblichen eignen sich offenbar für die Darstellung ebenso fragwürdiger, aber offensichtlich kaum änderbarer gesellschaftlicher Prozesse im Absolutismus.

MELANI – STEFFANI – BIBER

Galerie Herrenhausen

So 18.02.2024

18.00 Uhr

Mariengesänge

Voces Suaves | Ensemble Scirocco

Leitung: Francesco Corti

Dauer: etwa 100 Minuten, inklusive Pause

Vor dem Konzert findet um 17.15 Uhr im Arne Jacobsen Foyer eine Konzerteinführung statt, der Bedeutung von Melani als römischem Agenten und Kontakt von G. W. Leibniz nachgeht. Es spricht Prof. Dr. Luca Della Libera in englischer Sprache.

In Zusammenarbeit mit Herrenhausen Barock

Über „Qui diligit Mariam“ und „Stabat mater“

Im zweiten Konzert der Festwoche erklingen die beiden letzten Kompositionen Steffanis, die Motette „Qui diligit Mariam“ und sein berühmtes „Stabat mater“. Diese bedeutenden Werke Steffanis, die 1727 – ein Jahr vor seinem Tod entstanden – werden einerseits kombiniert mit Kompositionen seines römischen Kollegen Alessandro Melani (1639 – 1703), die ähnlich wie die Stücke Steffanis die Intensität frühbarocker Werke mit der Virtuosität eines sich weiter entfaltenden konzertanten Stils verbinden. Andererseits wird das wichtigste Vokalwerk des Kapellmeisters des Salzburger Fürstbischof, das Requiem f-moll von Heinrich Ignaz Franz von Biber (1644 – 1704) zu hören sein. Es liegt auf der Hand, dass der junge Steffani während seiner Studienzeit in München den Kontakt zu den Werken des hochberühmten Violinvirtuosen und Instrumentalkomponisten Biber in der Nachbardiözese Salzburg gesucht und gefunden hat.

Mit den Ensembles „Voces suaves“ und „Scirocco“ unter der Leitung von Francesco Corti lassen sich zwei der besten Ensembles aus der Schweiz und aus Italien in Hannover kennenlernen.

LIEBE – ABSCHIED – TRÄNEN

Auditorium Aufhof

Do 22.02.2024

19.00 Uhr

Vokalduette

Steffanis Vokalduette im Dialog mit Duetten von R. Schumann und zeitgenössischen Kompositionen

Studierende der HMTMH unter Leitung von A. Grishutina, Prof. B. Lohr, Prof. Z. Meniker, Prof. J.Ph. Schulze
In Zusammenarbeit mit der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover

Dauer: rund 90 Minuten, inklusive Pause

Pay what you can

Über Steffanis Vokalduette im Dialog mit Komponisten anderer Epochen

In der zweiten Hälfte der Festwoche wollen wir diesmal einen ganz anderen Akzent setzen und die Gestalt Steffanis Komponisten anderer musikgeschichtlicher Epochen gegenüberstellen. Steffanis Ruhm als Komponist gründete sich zu seinen Lebzeiten auf seine in ganz Europa weit verbreiteten Vokalduette, ungewöhnlich anspruchsvolle Gesangswerke, die allgemein beliebt waren und als Musterbeispiele für die meisterhafte Beherrschung komplexer Kontrapunkttechniken gerühmt und bewundert wurden. Die formal sehr vielfältig aufgebauten Stücke sind aber vor allem hochemotionale Vokalkompositionen, die in der expressiven Durchdringung und Verschmelzung der Gesangsparts ganz bezaubernde Wirkungen erzeugen.

Diese bis ins 19. Jhdt. hinein beliebten Kompositionen treten unter dem Motto „Liebe – Abschied – Tränen“ in Dialog mit Duetten der Frühromantik, in denen gleichfalls das Vergnügen am gemeinsamen Singen zur Ausprägung intensiver Ausdrucksmittel führte. Die den jeweiligen Epochen angemessene Begleitung mit entsprechenden historischen Tasteninstrumenten lässt eine spannende Begegnung sehr unterschiedlicher Klangwelten erwarten.

Diese Spannung wird noch gesteigert durch eine dritte Klangwelt, nämlich die der vokalen Kammermusik zeitgenössischer Komponistinnen und Komponisten. Die Begegnung mit den zeitgenössischen Ausdrucksmitteln für möglicherweise ähnliche Emotionen ist ein neuer und aufregender Akzent im Programm der Steffani-Festwochen. Der Konzertort passt zu dem unkonventionellen Programm. Die Veranstaltung findet im Gebäude der ehemaligen Galeria Kaufhof, Schmiedestr./Ecke Seilwinderstr. mitten im Herz der City Hannovers statt. Das Konzert an diesem Ort ist ein Statement für eine lebendige Innenstadt, in der sich Epochen und Kulturen treffen und austauschen können.

STEFFANI – BRUCKNER – EISLER – PÄRT

Neustädter Hof- und Stadtkirche St. Johannis

Fr 24.02.2024

18.00 Uhr

Das Konzert muss krankheitsbedingt entfallen

Werke für Chor und Bläser

Chorkonzert zum 2. Jahrestag des Kriegsbeginns in der Ukraine.

Anton Bruckner: Messe e-moll für 8-stimmigen Chor und 13 Bläser
Hanns Eisler: „Gegen den Krieg“
Arvo Pärt: „Da pacem“
Agostino Steffani: Chorwerke

Stuttgarter Kammerchor | Bläserensemble
Leitung: Frieder Bernius

Dauer: rund 90 Minuten, inklusive Pause

Über die aufgeführten Chorwerke unterschiedlicher Epochen

Das die 7. Steffani-Festwoche beschließende Chorkonzert findet am 24.02.24, dem zweiten Jahrestages des Kriegsbeginns in der Ukraine statt. In einem seiner Briefe an Sophie Charlotte von Hannover, der Königin von Preussen schreibt Steffani 1709 über den Beginn des Spanischen Erbfolgekrieges:

„Der bittere Kummer, der in mir durch die Geschehnisse in der Welt ausgelöst ist, der Schmerz, den ich leide, wenn ich so viele Menschen sehe, für die ich großen Respekt hege, wie sie nichts anderes wünschen, als sich gegenseitig zu vernichten, die Zeit, die ich untröstlich verbracht habe in dem Versuch, diese tragischen Ereignisse zu verarbeiten, dies alles und sehr viel mehr hat mich in eine tiefe Depression gestürzt.“

Diese Formulierungen des weltgewandten Diplomaten Steffani sprechen sicher vielen von uns angesichts der Kriegszustände in der Ukraine aus dem Herzen. Deshalb soll dieses Konzert an diesem Datum auch ein Zeichen und eine Mahnung gegen den Krieg sein. Der Appell gegen den Krieg im Abschlusskonzert bleibt dem Motto der Festwoche treu und ist von dem Kontrast der Musiksprachen unterschiedlicher Epochen geprägt. Sein Programm stößt Reflexionen über die Darstellungsmöglichkeiten von Religiosität und Spiritualität an:
Unsere gesellschaftliche Gegenwart ist geprägt von naturwissenschaftlichem Denken, säkularisierter Öffentlichkeit und individuellen Zugängen zu Fragen des Glaubens und der Weltanschauung. Dieser Pluralität der Denk- und Lebensweisen ein klangliches Äquivalent entgegen zu setzen, ist Aufgabe, Herausforderung und Chance der zeitgenössisch komponierten Musik.

Und so wird das Konzert des Stuttgarter Kammerchores das Denken über und das Leben mit religiösen Fragen dreier unterschiedlicher Epochen thematisieren:
die Musiksprache des im 16. Jhdt. entwickelten vokalen Stiles, quasi kanonisch vertreten durch Giovanni Pierluigi da Palestrina, ist über Generationen gewissermaßen nicht gealtert, sondern als spezifischer Musikstil für die liturgische Verwendung der Verkündigung religiöser Inhalte wohl epochentypisch angepasst, aber nie im Kern verändert worden. Dieser Kern besteht aus dem resonanten Zusammenklang eines vokalen Kollektives, der gerade in der wohlabgewogenen Abwechslung von polyphonen Abschnitten mit homophon deklamierten Passagen besteht. Der Klang und die Darbietung verzichten überwiegend auf individuelle Profilierungen.

In diesem Stil, der im 17. Jhdt. gelegentlich mit konzertanten Elementen angereichert wurde, hat auch Agostino Steffani seine ersten Kompositionen verfasst. In diesen oft sehr klangprächtigen Werken zeigt sich das noch völlig ungebrochene Verständnis für den unangefochtenen Platz der Religion im Leben der Menschen des 17. Jhdts.

Im 19 Jhdt. war dieser Platz längst nicht mehr unumstritten. Die gesellschaftliche Rolle der Kirchen, ihre Deutungshoheit über Fragen des Lebens war durch die Erkenntnisse der Naturwissenschaften empfindlich beschädigt. Aber in seinem geistlichen Werk unternimmt Anton Bruckner (1824 – 1896) noch einmal den Versuch, mit Bezügen zur Vokalpolyphonie des 16. Jhdts. einen Klang für Gläubigkeit und Religiosität inmitten der industriellen Revolution zu finden. Und diesem so besonders sensiblen Komponisten ist ein Werk gelungen, das tatsächlich nur durch das Wirken des Kollektives lebt, das die altehrwürdigen retrospektiven Klänge mit der gelegentlich überdehnten Harmonik des späten 19. Jhdts würzt, das mit einem sparsam eingesetzten Bläserensemble den Chorklang eher wie eine Orgel stützt als wie durch ein Symphonieorchester oratorisch untermalt.

In seiner Protestkomposition „Gegen den Krieg“ auf einen Text von Bert Brecht entwickelt Hanns Eisler Thema und 24 Variationen aus einer Zwölftonreihe. Das 1936 entstandene Werk vereint eine einfache Diktion des Textes in der klassischen Form der Variationsreihe mit der ambitionierten Kompositionstechnik der Zwölftönigkeit, die ihrerseits wieder in der Tradition streng kontrapunktisch verstandener Literatur steht. Damit vertritt Eislers politisch engagierte Komposition auf markante Weise das 20. Jhdt. in diesem Programm. Kaum ein anderer Chor hat die unterschiedlichen Klangwelten aller verschiedenen Epochen so ausgelotet und auf spezifische Weise zum Klingen gebracht wie der Kammerchor Stuttgart unter seinem Leiter Frieder Bernius. Und so darf es als ein regelrechter Glücksfall gelten, gerade dieses Ensemble für dieses anspruchsvolle Konzert gewonnen zu haben.

Kartenvorverkauf für alle Veranstaltungen:

www.vvk-kuenstlerhaus.de: im Künstlerhaus, Sophienstraße 2, (Mo.-Fr., 12.00-18.00 Uhr), Tel. (0511) 168 41 222;
www.eventim.de und alle Eventim-Vorverkaufsstellen sowie an der Abendkasse

Agostino Steffani, Barockmusik Hannover

Musikalische Begegnungen

Steffani im Dialog mit anderen Epochen

Das FORUM AGOSTINO STEFFANI HANNOVER (FAS) sieht seinen Auftrag darin, das Werk Agostino Steffanis zu erforschen, verfügbar und im Musikleben wieder präsent zu machen. Neben vielen interdisziplinären Aspekten geht es dem FAS auch um die Verlebendigung des kulturellen und musikalischen Lebens in Hannover im 17. und 18. Jhdt.

Das Programm der 6. Steffani-Festwoche 2023 hat sich ganz auf diese Aufgabe konzentriert und in drei herausragenden Konzerten und einem Steffani-Spaziergang bislang kaum zu hörende Werke Steffanis und seiner komponierenden Kollegen im Hannover um die Wende des 17. zum 18. Jhdts. zum Klingen gebracht. Die Konzeption, Texte und Erläuterungen in die Konzerte zu integrieren und zum Teil des ästhetischen Geschehens zu machen hat sich auf ganzer Linie bewährt.
Die ersten beiden Veranstaltungen der kommenden 7. Steffani-Festwoche, die im Februar 2024 stattfinden wird, werden sich wieder dem Werk Steffanis und seinem unmittelbaren zeitgenössischischem Umfeld widmen:

Vermittlung

Der Einbau vermittelnder Texte zum jeweiligen Programm in den Ablauf des Konzertes hat sich sehr bewährt, so dass wir an diesem Prinzip festhalten werden. Das Bedürfnis nach weiterer Reflexion auch in unmittelbarem Diskurs wollen wir unbedingt fördern und stillen. Deshalb werden wir ein beim Eröffnungskonzert ein Nachgespräch direkt im Anschluss an das Konzert über die gerade gehörte Aufführung veranstalten, das von Dr. Waltraut Lach, Konzertdramaturgin am Theater Kiel und ausgewiesene Steffani-Expertin geleitet wird. Mitwirkende und weitere Experten werden teilnehmen. Und dem Publikum bietet sich die Möglichkeit, sich nach Lage der Dinge am Gespräch zu beteiligen.

Das Konzert mit den Studierenden ist in sich bereits ein Vermittlungsprojekt, wird doch damit das normalerweise im Studienplan kaum gepflegte Repertoire der vokalen Kammermusik – welcher Epoche auch immer – projektweise in den Mittelpunkt gerückt. Gerade bei diesem Konzert können durch Moderation und ebenfalls bei einer anschließenden Diskussion aufgeworfene Fragen zu Interpretation der Mitwirkenden, aber auch zum Wort-Ton-Verhältnis der Kompositionen aus sehr unterschiedlichen Epochen zur Sprache kommen.

Durch die Einbeziehung der Studierenden in das Festivalprogramm erwarten wir eine große Resonanz eines jungen Publikums, das diese Veranstaltungen auch als für sich gedacht empfinden
sollte.

Nicht zuletzt wird auch bei der 7. Festwoche ein ausführliches Programmheft Hintergründe erläutern, historische Einordnungen vornehmen und über die Mitwirkenden informieren. Die Verfügbarmachung des Programmheftes auf der Website des Forums lässt sowohl eine Vorbereitung wie auch eine Nachbereitung für den daran interessierten Teil des Publikums zu.

Kooperationen

Die in der 6. Festwoche begonnene Kooperation mit Herrenhausen Barock hat sich außerordentlich positiv bemerkbar gemacht. Synergien auf unterschiedlichen Arbeitsfeldern hat die Öffentlichkeitswirkung der Veranstaltungen und damit auch die Besucherzahlen erhöht. Diese Argumente, aber natürlich auch der Reiz des authentischen Ortes der Galerie lässt es geratenerscheinen, diese Kooperation unbedingt fortzuführen.

Eine weitere Kooperation ergibt sich daraus, dass das Eröffnungskonzert Teil der Abonnementreihe „Ring Barock“ der Radiophilharmonie Hannover des NDR ist. Auch das ermöglicht Synergien und sorgt für eine Dokumentation dieses Konzertes. Auch die Ausstrahlung des Mitschnitts der Veranstaltung führt zu einer größeren Verbreitung der Steffani-Festwoche.

Mit der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover findet sich noch eine ebenfalls für das hannoversche Kulturleben zentrale Institution mitgestaltend an der 7. Festwoche ein. DieKollegen Prof. Meniker und Prof. Schulze werden zusammen mit Prof. Lohr die epochenüberschreitende Programmatik des dritten Konzertes erarbeiten und mit den Studierenden zur Aufführung bringen.